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Am Anfang der Bewegung stand ein Skandal »hosted by …« Städtische Galerie im Lenbachhaus, München
Ausstellung (Gruppenausstellung)
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Kategorie
Ausstellung (Gruppenausstellung)
Typ
Gruppenausstellung
Eröffnungsdatum
21.06.2002
Start
22.06.2002
Ende
08.09.2002
Beschreibung

Im Rahmen der Projektreihe "hosted by ..." ist der kunstraum münchen e.V. zu Gast in der  Städtische Galerie im Lenbachhaus

 

Der Ausstellungstitel zitiert aus dem Informationstext zur Sammlung des Blauen Reiters in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus: »Am Anfang der Bewegung des ›Blauen Reiters‹ stand, wie für die Geschichte der modernen Kunst nicht anders zu erwarten, ein Skandal. Die Ablehnung von Kandinskys großem Gemälde ›Komposition 5‹ durch die Ausstellungsjury der Neuen Künstlervereinigung München führte zum Eklat. Wassily Kandinsky, Franz Marc, Gabriele Münter und Alfred Kubin traten aus der Neuen Künstlervereinigung München aus und organisierten eine eigene Ausstellung, die als Erste Ausstellung der Redaktion ›Der Blaue Reiter‹ in die Kunstgeschichte eingegangen ist.«

In der Ausstellung »Am Anfang der Bewegung stand ein Skandal« sind Arbeiten von 15 KünstlerInnen und Künstlergruppen über die Sammlungsräume, die historischen Räume, den Eingangsbereich und das Museumscafé des Lenbachhauses verteilt. Einige dieser Arbeiten nehmen einen direkten Bezug zu den Sammlungen auf, andere lassen sich als Kommentar auf die komplexe Rolle des Museums in der Gesellschaft verstehen. Im Foyer des Lenbachhauses wird ein Leseraum mit Infomaterial, Buchprojekten und Fragebögen eingerichtet.

Die Ausstellung will einen differenzierten Einblick in aktuelle Strategien heutiger Kunstproduktion geben. Der Fokus richtet sich dabei auf künstlerische Konzepte, in denen sowohl der öffentliche Raum wie auch eine vielschichtige Auseinandersetzung mit den Distributionsstrategien der Institutionen eine wichtige Rolle einnimmt. Viele der teilnehmenden KünstlerInnen produzieren ihre Arbeiten unter direkter Einbeziehung der Öffentlichkeit und suchen gezielt die Zusammenarbeit mit Institutionen, oder sie nehmen selbst institutionelle Strukturen an, um ihre Arbeit bewusst in einem kunstübergreifenden Kontext zu plazieren.  Kunstinstitutionen, Galerien aber auch so genannte nichtkommerzielle Ausstellungsräume sind ebenso wenig neutrale »Räume«, wie der öffentliche Raum, das Internet oder wirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen. KünstlerInnen, die nicht ausschließlich in einem klar umrissenen Kunstkontext operieren und sich nicht auf eine bestimmte Produzentenrolle festschreiben lassen wollen, sondern versuchen zwischen all diesen »Räumen« hin und her zu wechseln, müssen sich mit ihrer Arbeit je nach Kontext immer wieder neu positionieren. Dabei tritt das fertige, abgeschlossene Kunstobjekt mit Werkcharakter zugunsten von temporären, flexiblen und selbstreflexiven künstlerischen Arbeitsprozessen eher in den Hintergrund. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Frage wie diese oftmals flüchtigen Arbeiten in traditionellen, musealen Ausstellungsräumen präsentiert werden können. Da institutionskritische Konzepte immer wieder vom Museum absorbiert wurden, soll hier gezeigt werden, dass es nicht um eine Entscheidung für oder wider das Museum gehen kann, sondern um Möglichkeiten der Koexistenz.

Gerade mit Blick auf einen in den letzten Jahren deutlich gewordenen Strukturwandel zum einen im Kultursektor, wo starre Identifikationsmodelle wie »Künstler«, »Kurator« oder »Galerist« zunehmend unter Druck geraten sind, und zum anderen im privaten Unternehmenssektor, wo sich neue Formen der Zusammenarbeit mit KünstlerInnen und Kulturinstitutionen herausgebildet haben, erscheint eine Auseinandersetzung mit den oben erwähnten künstlerischen Praktiken heute umso wichtiger zu sein. Die unterschiedlichen Ansätze der ausgestellten Arbeiten lassen ein breites Spektrum an Vorgehensweisen und Interessen der teilnehmenden KünstlerInnen erkennen. Allen gemeinsam ist jedoch die Überzeugung von der Wichtigkeit, den Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf den Produktionsprozess von Kunst zu reflektieren und der Versuch, die gegenseitigen Durchdringungen sichtbar werden zu lassen.

Mit freundlicher Unterstützung von British Council und Hypo Kulturstiftung.

KuratorInnen: Susanne Clausen und Alun Rowlands
 

Termine:

Freitag, 21.06.2002, 19 Uhr: Eröffnung
 

Werke in der Ausstellung:

Artlab: Charlotte Cullinan und Jeanine Richards, »The Doubles Collection«, 1998–2002 (Vitrinen mit verschiedenen Objekten und Video auf Minimonitor, Dauer ca. 20 Min.): Artlab verfolgt den Versuch, demokratische Strukturen im Bereich der Kunstproduktion und -präsentation herzustellen und durch ihre Arbeiten ein Gefühl für Verwandtschaft und Gemeinschaft unter den sie umgebenden KünstlerInnen zu fördern. Sie bauen Strukturen und Skulpturen, die als Plattformen für die Präsentation der Werke anderer KünstlerInnen dienen und richten sich damit gegen den Individualismus und das »Einzelkämpfertum« in der Kunstwelt. »The Doubles Collection« wurde 1998 angelegt, als Charlotte Cullinan und Jeanine Richards ihre Zusammenarbeit begannen. Die Sammlung besteht aus einer Gruppe von Kunstwerken, Gegenständen und Publikationen, die die Künstlerinnen über Jahre hinweg von Freunden und KollegInnen erhalten oder im Zusammenhang mit anderen Ausstellungen gesammelt haben. Die Vorgabe besteht darin, dass alle Objekte, die in die Sammlung eingehen, gedoppelt werden. Durch die Selbstdarstellung der Künstlerinnen anhand von Objekten anderer Künstler sowie durch die Doppelung der Gegenstände findet Artlab eine nicht-hierarchische Ausdrucksform, in der die KünstlerInnen als Individuen in den Hintergrund treten.

Alexander Brener & Barbara Schurz, »The Berlin Wall Exists«, 1996 (Video, 15 min.): Die Brener & Schurz dokumentieren eine Aktion vor der Berliner East Side Gallery, einem Teil der Berliner Mauer, der zum Kulturerbe erklärt wurde. Die Künstler beginnen, die Graffitis auf der Mauer mit grauer Wandfarbe zu überstreichen, bis die Polizei erscheint, die Aktion auflöst und die KünstlerInnen im Streifenwagen mitnimmt. Durch die Geste des Überstreichens versuchen die Künstler, die auf der Mauer erhaltenen Graffitis, die als Relikt der Geschichte und Ausdruck der Wiedervereinigung zum Kulturerbe erklärt wurde, auszulöschen und die Mauer für neue Interventionen zur Verfügung zu stellen. Sie wollen darauf hinweisen, dass trotz der gegenteiligen Darstellung in der Öffentlichkeit immer noch eine Trennung zwischen Ost und West besteht.

Mark Dickenson & Martin Clark, »Year Project«, 2000 (Buchprojekt): »Year Project« ist ein unvollendetes Projekt der Kuratoren Mark Dickenson und Martin Clark, das während ihres Aufenthaltes am Royal College of Art entstanden ist. Die Kuratoren haben eine Auswahl von KünstlerInnen darum gebeten, an jedem der 365 Tage eines Jahres etwas zu dem Projekt beizutragen. Zu diesem Zweck haben sie den KünstlerInnen das offizielle Briefpapier des Royal College of Art gegeben, auf dem diese ihren Betrag, dessen Form und Ausmaß ihnen überlassen blieb, ausführen und an das College zurückschicken sollten. Die ursprüngliche Absicht des Projekts bestand darin, ein Archiv künstlerischer Produktion zwischen dem 1. März 2000 und dem 28. Februar 2002 anzulegen. Diese Absicht änderte sich jedoch im Laufe des Jahres, da es sich aus Mangel an Zeit, Interesse oder Arbeitspraxis als unrealisierbar erwies. Mark Dickenson und Martin Clark haben das Ergebnis des Projekts dennoch in der vorliegenden Form veröffentlicht und damit das Scheitern zum Teil des Projekts gemacht.

Kaye Donachie, »Enlightenment«, 2002: The Moon, The Initiate, Kinship, Penumbra, The Meeting, Entering the Craft (6 Bilder, Öl auf Leinwand. Courtesy Maureen Paley/Interim Art, London): Kaye Donachie versucht in ihren Bilder versteckte Machtstrukturen aufzudecken. Dafür webt sie ein Bildernetz aus geheimen oder ritualisierten Orten und Elementen. Für die Ausstellung »Am Anfang der Bewegung stand ein Skandal« hat Donachie eine neue Bildserie erstellt, die sich auf Quellen der Gründungsgeschichte des Blauen Reiter beziehen. Die Bilder stellen Orte und Räume dar, in denen sich Künstler des Blauen Reiter trafen, wo sie arbeiteten, wo Entscheidungen gefällt und wo Manifeste geschrieben wurden. Donachie vermutet eine Art von patriarchalem Freimaurertum hinter avantgardistischen Gruppen wie dem Blauen Reiter. Kandinsky erzählte gern die Geschichte seiner »Erleuchtung« auf dem Weg zur Abstraktion: Eines Abends ging er in der Dämmerung in sein Atelier, und sah wie eines seiner figurativen Bilder vom Mondlicht angeleuchtet wurde und sich ihm als abstrakte Form zu erkennen gab. Diese Erfahrung spiegelt sich in der Philosophie der Freimaurer wieder, die den Übergang von der Dunkelheit zum Licht zelebrieren. Ein anderes Bild stellt Kandinsky und Klee bei einem doppelten Handschlag dar, bei dem sie Goethes und Schillers berühmten Freundschaftsakt nachstellen. Die dargestellten Gesten und Räume entwerfen einen potentiellen Hintergrund für die nicht-sichtbaren Rituale und Handlungen, die möglicherweise hinter den in der Öffentlichkeit präsentierten Ideen, Manifesten und Werken stehen.

Daniela Johnson, »open archive«, 2002 (Karteikasten): Daniela Johnson ist Künstlerin, Kuratorin, Kritikerin und Kulturproduzentin. Sie initiiert und organisiert experimentelle empirische Projekte, die kuratorische Modelle, performative Ausstellungspraktiken und kollaborative Strategien der kulturellen Produktion untersuchen. Daniela Johnsons offenes Archiv ist der Versuch, eine öffentlich zugängliche Ideensammlung anzulegen. Dieses Archiv soll Möglichkeiten des Projekt-Networking und des Ideenaustauschs eröffnen. Es bietet Raum für verlorene oder vernachlässigte Projektideen, die aus Gründen des heutigen Produktionsdrucks im Kunstbetrieb aus Zeit- und Geldgründen nicht realisiert werden konnten. Das Archiv in Form eines klassischen Karteikastens möchte eine kommunikative Plattform sein, durch welche Kontakte geknüpft und Ideen weiter entwickelt werden können. Besucher und Künstler sind eingeladen zum Archiv beizutragen.

Multispace, 2001 (Poster): Multispace, begonnen im Frühjahr 2001, ist ein Projekt »in progress«. Dieses Projekt unternimmt den kritischen und zugleich ironischen Versuch, Grenzen des kuratorischen Arbeitsbereiches zu erforschen. Es dreht sich um die Figur des Kurators als kreativem Problemlöser. Ein zusammengestelltes Menu – nach Art eines chinesischen Menus zum Mitnehmen – listet praktischen, erfinderischen, flexiblen und spontanen Service auf, den Daniela Johnson unter dem Namen Daniela Johnson Company anbietet. Das Menu, das sie an KünstlerInnen, GalleristInnen und KuratorInnen in Berlin und London verschickte, erwies sich auch als Kontakt- und Kommunikationsmodell.
Weitere Infos unter: www.gold.ac.uk/visual-arts/curator/archive.html
www.gold.ac.uk/visual-arts/curator/archive.html
oder schicken Sie eine E-Mail an: thedanielajohnsoncompany@hotmail.com

Volker Eichelmann, Jonathan Faiers, Roland Rust, »Do you really want it that much? More!«, 1987–2002 (Video, 40 min.): Die Videoarbeit von Volker Eichelmann, Jonathan Faiers und Roland Rust besteht aus einer Montage von kurzen Sequenzen aus Hollywood- und anderen Spielfilmen, die in Museen oder Galerien stattfinden. Das Museum wird zum Schauplatz für die unterschiedlichsten Handlungen: Verbrechen, Liebesszenen, Schlägereien, Verfolgungsjagden usw.

everything editorial, »Gallery Guide«, 2002 (Faltblatt): everything editorial ist eine Künstlergruppe, die regelmäßig eine gleichnamige Kunstzeitschrift herausgibt. Die Gruppe hat aus kurzen mündlichen Informationen der KuratorInnen von »Am Anfang der Bewegung stand ein Skandal« einen Ausstellungsführer verfasst. Das verarbeitete Material besteht lediglich aus den subjektiven Beschreibungen der KuratorInnen und liefert somit eine von unzähligen Möglichkeiten, die Kunstwerke zu beurteilen.

FlatPack001, »Presence«, 2002 (2 Poster, 1 Plattencover): Flatpack001 wurde 1998 von Mark Beaseley, Stephen Beaseley und Tim Hutchinson gegründet. Gefördert vom London Arts Board befassten sich ihre ersten Untersuchungen mit Möglichkeiten, mobile und durchlässigere Alternativen zum herkömmlichen Ausstellungsraum zu entwickeln. Es ging darum, bewegliche konzeptionelle Strukturen zu schaffen, die auf die Bedürfnisse der KünstlerInnen, des Publikums und des Ausstellungsortes eingehen. FlatPack100 ist ein Konzept, unabhängig von einem Ort, ein Werkzeug für Veränderung. FlatPack001 arbeiten kollektiv mit architektonischen, kuratorischen und künstlerischen Strategien, um neue Formate für einen interdisziplinären Austausch herzustellen.

Liam Gillick, »Winter School«, 1996 (Poster):  Liam Gillicks Winter School ist eine frühe Arbeit des Künstlers, die für die hypothetische Strategie und die systemkritische Ausrichtung seines Werks charakteristisch ist. Sie erzählt die fiktive Geschichte einer Winterschule, die 1971 im Vorfeld der berühmten, von Harald Szeemann kuratierten documenta 5 eingerichtet wurde, um über die Struktur und den Anspruch der internationalen Großausstellung nachzudenken. Es gab keine Aufnahme oder Dokumentation der Gespräche. Ähnlich wie in seinen späteren Texten und Romanen, entwirft Gillick ein Szenario, in dem eine alternative Struktur entwickelt und eine Idee in die Zukunft projiziert wird. Eine Idee, die alles verändert. Er beschreibt fiktive Tagesordnungen, Diskussionen und Auseinandersetzungen sowie die Reorganisation einer Krise und schließlich die Veränderung der Zukunft durch ein Verständnis dessen, was Gillick den “middle ground” nennt: den vor-repräsentativen gesellschaftlichen Bereich im Hintergrund, in dem Ideen diskutiert und Entscheidungen getroffen werden.

Liam Gillick, »Inside Now, We Walked Into a Room with Coca-Cola Walls«, 1998 (Wandmalerei, Courtesy JRP, Genf): In seiner »neu-platonischen« Wandmalerei »Inside Now, We Walked Into a Room with Coca-Cola Walls« versucht Liam Gillick, eine Wandfarbe anzumischen, die das Braun von Coca Cola wiedergibt. Die farbigen Teststreifen in unterschiedlichen Brauntönen werden auf der Wand hinterlassen. Diese Arbeit bezieht sich auf eine Szene in Gillicks Buch »Discussion Island: Big Conference Centre«, in der die Protagonisten sich im Raum eines Konferenzzentrums befinden, dessen Wände Coca Cola-farben gestrichen worden sind.

Inventory, »Coagulum«, 2000 (Video, 8 Min.): »Coagulum« ist die englische Bezeichnung sowohl für Blutgerinnung als auch für eine klassische Rugby-Formation. Das Video »Coagulum« dokumentiert eine Aktion der Künstlergruppe Inventory in einem Einkaufszentrum in einem Vorort von London. Die Gruppe versucht, durch die Formierung eines Rugby-Rings das Einkaufszentrum zu blockieren. Die Aktion verweist auf die Möglichkeit, ein System (wie ein Blutpfropfen) zu blockieren und dessen Zirkulation für kurze Zeit aufzuhalten.
»Wir wollen nicht gesellschaftliches Leben in Kunst verwandeln, oder umgekehrt. Ähnlich wie bei einem Streik bedeutet Coagulum, dass wir unsere Rolle verweigern, unsere Konsumarbeit einstellen. Spiel setzt sich über Arbeit hinweg – es produziert nichts anderes als sich selbst. Eine spontane Bewegung, die nichts produziert außer eigener Energie – die sich ohne Nutzwert verausgabt. Coagulum ist eine Belagerungsmaschine zur Infektion organisierter Räume. Mehr transitorische Mikro-Gemeinschaften schaffen! Den Prozess beschleunigen, in dem Gemeinschaft beginnt, sich zu behaupten, menschliche Energien einfangen und verschwenden!« (Inventory, Auszug aus: »Coagulum Inventory«, Band 4 Nr. 1, 2000)

Pawlo Kerestey, »Voranstrich: Test – Hermitage Guggenheim, Las Vegas«, 2002 (Wandmalerei), »Voranstrich: Test – Eremitage, St. Petersburg«, 2002 (Styropor, Pigment, Gummi): Pawlo Kerestey befasst sich in seiner Arbeit mit den gestalterischen und strategischen Methoden, durch die Museen und andere Kunstinstitutionen sich nach außen präsentieren. Häufig erstellt er kleinformatige Bilder mit Latexfarbe, die Testfarben und Abdrücke der dominierenden Wandfarben unterschiedlicher Institutionen repräsentieren. In der Ausstellung des kunstraum muenchen im Lenbachhaus zeigt er zwei neue Wandarbeiten, in denen er zum einen die Farbe des Foyers in der neuen Guggenheim-Filiale in Las Vegas, die sich in Anlehnung an das klassische Vorbild Hermitage nennt, und zum anderen die Außenfassade der Eremitage in St. Petersburg kopiert.

Elizabeth Price, »Chalmers Vermächtnis«, seit 2000 (Publikation, Sammlung fotokopierter Dokumente, Newsletter)

Alun Rowlands, »Blue Sky Thinking«, 2002 (Text in Vinylbuchstaben)

Salon de Fleurus, »o. T.«, 2002 (Vitrinen mit verschiedenen Objekten): Die hier präsentierte Vitrine von Salon de Fleurus enthält eine Auswahl von Objekten und Bildern aus der Langzeitinstallation der anonymen New Yorker Künstlergruppe, deren Thema die private Kunst- und Antiquitätensammlung von Gertrude Stein und ihrem Bruder Leo in ihrem Apartment in der Rue de Fleurus in Paris ist. Die Installation besteht aus einer Sammlung von Kopien afrikanischer Skulpturen und bedeutender Gemälde der Moderne sowie anderer Kuriositäten, die die Künstlergruppe in Anlehnung an die Steinsche Sammlung angefertigt bzw. zusammengetragen hat und permanent in einem New Yorker Apartment ausstellt. Dieser Ort verweigert sich einer eindeutigen Definition: Er ist weder ein Museum oder eine Galerie noch ein sakraler Ort. Er wird jedoch von einem Wärter beaufsichtigt, der dem Besucher erklärt, dass diese Sammlung die Ausstellung einer zeitgenössischen Künstlergruppe darstellt. Teile der Sammlung wurden bereits in anderen Institutionen, wie etwa dem Whitney Museum in New York, gezeigt.
Der Salon de Fleurus in Manhatten gleicht einer Proustschen Rückkehr zu den Gefilden der Erinnerung. Er evoziert den Geist der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie der Blaue Reiter so begann auch der Salon von Gertrude Stein mit einem Skandal. Eines der hier präsentierten Bilder ist die flüchtige Kopie des Gemäldes Frau mit Hut von Henri Matisse, einem der ersten fauvistischen Werke, das 1905 im Pariser Salon d’Automne ausgestellt war und einen der ersten Skandale in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts hervorrief. Es wurde von Gertrude und Leo Stein während der Ausstellung gekauft und daraufhin in ihrer Wohnung ausgestellt. Dieser Ankauf, der große Aufmerksamkeit auf sich zog, markiert den Beginn des Salon de Fleurus. Auch der Blaue Reiter begann mit einem Skandal, nachdem Wassily Kandinskys Komposition 5 durch die Ausstellungsjury der Neuen Künstlervereinigung München abgelehnt wurde. Ähnlich wie Gertrude Stein, suchten auch Kandinsky und die anderen Künstler des Blauen Reiter nach Formen eines ursprünglichen und ungebrochenen Ausdrucks, den sie in antiken Kunstwerken und den Fetischobjekten nicht-europäischer Kulturen zu finden glaubten. Doch obwohl sich die hier ausgestellten Objekte auf die Sammlung von Gertrude Stein beziehen, negieren sie selbst jegliche Authentizität, Autorenschaft oder Historizität. Der New Yorker Salon des Fleurus besteht aus namen- und geschichtslosen Kopien und befragt die Art und Weise wie Geschichte konstruiert und rezipiert wird.

Tilo Schulz, »e.w.e. – exhibition without exhibition«, 1999 (Publikation, Poster): »e.w.e. – exhibition without exhibition« versteht sich als ein Ausstellungsprojekt, das verschiedene Vermittlungspraktiken aufgreift, aber keine eigentliche »show« bietet. Es gibt Einladungskarten, Poster, Previews, eine Publikation und eine Vortragsreihe. All jene Praktiken, die normalerweise im Umfeld einer Ausstellung entstehen und sie nach außen kommunizieren, stehen hier im Mittelpunkt. Sechs KünstlerInnen wurden eingeladen, Arbeiten für e.w.e zu entwickeln: Nathan Coley, Jens Haaning, Sandra Hastenteufel, Plamen Dejanov und Swetlana Heger, Olaf Nicolai.

Szuper Gallery, »Good Morning Mr. Bloomberg«, 1999 (Video, 6 Min.): Das Video »Good Morning Mr. Bloomberg« handelt von einem Geschäftsabschluss zwischen der Künstlergruppe Szuper Gallery und einem fiktiven Kunstsammler in dessen luxuriöser privater Wohnung. Die Kamera konzentriert sich auf die Gesten, das rituelle Benehmen, die für die formale Situation charakteristische gekünstelte Freundlichkeit und die elegante Bekleidung der Darsteller. Aus diesen Elementen entsteht ein Bild, in dem Kunst und Geschäft aufeinander treffen. Dabei sind die Rollen der einzelnen Darsteller nicht eindeutig inszeniert, so dass ihre jeweiligen Anliegen ambivalent erscheinen und das Ineinanderfließen von Interessen und Zuständigkeitsbereichen innerhalb der Kunstwelt spielerisch thematisiert wird. Der Handel mit und das Sammeln von Kunstwerken sowie die entsprechenden vertraglichen Regelungen zeigen wie sehr Kulturproduktion und wirtschaftliche Interessen ineinander greifen. Das Video wurde in den historischen Räumen des Lenbachhauses installiert, da Franz von Lenbach in seiner Eigenschaft als Künstler und Sammler jenen Wendepunkt in der Kunstgeschichte markiert, an dem durch die ökonomischen Veränderungen in der modernen Gesellschaft auch das Kunstwerk eine Umwertung erfuhr und immer stärker auch als Sammlungsobjekt und Ware betrachtet wurde.

Mark Titchner, »In our infinite ignorance we are all equal«, 2002 (Ink Jet Print), »Never has the world been so silent«, 2002 (Ink Jet Print), »This country belongs to the people who inhabit it. Evolution Now!«, 2002 (Ink Jet Print, alle Courtesy Vilma Gold, London): Mark Titchners Arbeiten kommunizieren die Resignation über das scheinbare Versagen des Idealismus der Avantgarde. Er behauptet das Ende der Bewegung indem er durch eine Kombination gegenläufiger Zitate aus unterschiedlichsten Quellen der westlichen Kulturgeschichte auf entleerte Glaubenssysteme hinweist. Ähnlich wie seine Texte sind auch die grafischen Hintergründe seiner großformatigen Plakate und Wandarbeiten aus einer Vielzahl unterschiedlicher visueller Quellen zusammengetragen. Mark Titchners freier und primär nach gestalterischen Gesichtspunkten ausgerichteter Umgang mit visuellem Material spiegeln sein Interesse an historischen Abweichungen zwischen progressiven Ideologien und ihren praktischen Anwendungen im Alltagsdesigns wider: häufig transportieren Designkonzepte formale Stereotypen der Avantgarde in den profanen Rahmen der öffentlichen oder häuslichen Arena, enthalten jedoch keine der ursprünglichen gesellschaftlichen und politischen Ideen mehr. Die Quellen von Titchners Zitaten reichen von Popsongs über philosophische und wahrnehmungstheoretische Texte, bis hin zu politischen Parolen oder kunsttheoretischen Büchern.

Markus Vater, »How it is«, 2000 (Fotokopierte Zeichnungen)

Christopher Warmington, »Denature Project«, seit 8. September 2000 (Sammlung von Notizen und Skizzen)




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