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Michaela Melián. Föhrenwald
Ausstellung (Solo)
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Kategorie
Ausstellung (Solo)
Typ
Einzelausstellung
Eröffnungsdatum
09.09.2005
Start
24.09.2005
Ende
30.10.2005
Beschreibung

Das mehrteilige Projekt »Föhrenwald« von Michaela Melián (geb. 1956, Künstlerin und Musikerin, lebt in Oberbayern) setzt sich in Form der temporären, mobilen Installation im öffentlichen Raum (09. September bis 03. Oktober 2005, Hofgarten München), einer Ausstellung (im kunstraum muenchen), einer Publikation sowie einem eintägigen Symposium mit der Geschichte und Soziologie der Siedlung Föhrenwald (heute Waldram/Wolfratshausen) nahe München auseinander, die über Kriegs- und Friedenszeiten hinweg die Entwicklungen des 20. Jahrhundert spiegelt. Diese Geschichte wird mehrstimmig erzählt in dem von Melián verfassten Hörspiel (BR Hörspiel und Medienkunst/kunstraum muenchen 2005), das den Soundtrack zur Installation bildet und von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Monats Juli gewählt wurde.

Als Installation im öffentlich Raum begegnet einem »Föhrenwald« am Ende der Galeriestraße/Hofgarten als rotierende Panorama-Diaprojektion zu sehen. Das schimmernde, an eine Filmdose erinnernde, zylindrische Gehäuse mit den im Inneren projizierten, kreisenden weißen Strichzeichnungen und dem suggestiven Soundtrack aus Text und Musik positioniert sich hier in einem architektonisch und historisch beziehungsreichen Kontext. Ergänzt wird die Außeninstallation durch eine Einzelausstellung der Künstlerin im kunstraum muenchen. Die Diainstallation begegnet einem hier wieder, diesmal jedoch blenden die einzelnen Zeichnungen ineinander und fügen sich zu einer linearen, filmisch angelegten Erzählung. Die weißen Linien kehren sich in der Ausstellung wieder ins Schwarze und setzen sich auf den Wänden des Ausstellungsraumes fort. Die Lage der Siedlung in den Isarauen nahe Wolfratshausen wird sichtbar in einer Reihe von Luftbildaufnahmen seit 1945.

Gebaut Ende der 1930er Jahre als Mustersiedlung und genutzt als Lager für ZwangsarbeiterInnen in der Rüstungsindustrie mit einer Kapazität von 4500 Personen, diente der Ort aus 302 Wohneinheiten in Form von Reihen- und Doppelhäusern nach Kriegsende mehr als zehn Jahre als exterritoriale Siedlung für jüdische Displaced Persons. Nach Auflösung des selbst verwalteten Lagers wurden seit 1956 schließlich kinderreiche, deutsche heimatvertriebene Familien angesiedelt. Trotz der wechselvollen Geschichte verändert sich das Gesicht der Siedlung nur kaum. Die unter nationalsozialistischer Herrschaft geplanten Gebäude bleiben im Wesentlichen gleich und repräsentieren die Ideale einer bis heute gültige Form der Eigenheimidylle, die nicht darauf schließen lässt, dass bis 1957 ein Drahtzaun die Siedlung umgab.

Der gleichförmige Rhythmus der Rotation der Diaprojektion findet seinen Widerhall in dem die Bildschleife überlagernden Soundloop aus Sprache und Musik. Verschiedene Stimmen berichten aus den unterschiedlichen Phasen der Siedlung. Das Material dafür liefern Texte aus der Entstehungszeit Ende der 1930er/Anfang der 1940er Jahre, Berichte von ZwangsarbeiterInnen, die in den frühen 1940er Jahren im Lager Föhrenwald lebten, Interviews mit jüdischen ehemaligen BewohnerInnen des von 1945 bis 1957 bestehenden Displaced Persons Camps sowie mit den seit 1956 angesiedelten Heimatvertriebenen, deren Familien teilweise bis heute dort wohnen. Die Aufnahmen übernehmen nicht die Originalaufzeichnungen, sondern sind von SchauspielerInnen in sachlichem Ton eingesprochene Bearbeitungen von Interviews und Texten. Den Part der historischen Dokumente übernehmen distanziert unbekümmerte Kinderstimmen. Die Umdrehungen der Diaprojektion werden gespiegelt im Beat des Soundtracks, der als Ausgangsmaterial auf Fragmente von Kompositionen von Bach, Beethoven, Schubert und Mendelssohn Bartholdy zurückgreift und diese bis zur Unkenntlichkeit dicht in ambientem Sound verwebt. Die verwendeten Kompositionen entstammen Schellackplattenaufnahmen, die in den Jahren 1931–35 von jüdischen Schallplattenfirmen – wie dem Spezial-Radio-Haus Lukra, Berlin, unter dem Namen Lukraphon – veröffentlicht worden sind.

Im Gegensatz zu Michaela Meliáns früheren Installationen, wie beispielsweise »Panorama II« (Kunsthalle Baden-Baden, 2004), »Straße« (Galerie Barbara Groß, München, 2003), »Panorama« (Galerie im Taxispalais Innsbruck, 2003) oder »Ignaz Guenther House« (Ignaz-Günther-Haus, München, 2002), in denen der die jeweilige Diaprojektion begleitende Soundtrack den Ausstellungsraum beherrscht, den Beat der Betrachtung prägt und vorantreibt, tritt in Föhrenwald das musikalische Thema zurück. Weniger minimalistischer Technobeat, mehr romantische Assoziation, ein Gitarren-, ein Glockenspielthema, neu eingespielt wie auch gesamplt, wiederkehrende Loops in großen Schleifen, welche die Rotation der Diaprojektion vorwegnehmen noch bevor sich der Kreis geschlossen hat.

Ein Projekt des kunstraum muenchen in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk/Hörspiel und Medienkunst und dem Kulturreferat Landeshauptstadt München.

Mit freundlicher Unterstützung des Landesamts für Vermessung und Geoinformation Bayern.
Das Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.

Es erscheint eine Publikation.
 

Termine:

Freitag, 09. September 2005, 18 Uhr: Eröffnung Installation im öffentlichen Raum, Hofgarten/Ende der Galeriestraße, München

10.–25. September 2005, täglich 11–20 Uhr: Installation im öffentlichen Raum, Hofgarten/Ende der Galeriestraße, München

Freitag, 23. September 2005, 19 Uhr: Eröffnung im kunstraum muenchen

Samstag, 01. Oktober 2005, 20:05 Uhr: Hörspiel »Föhrenwald« von Michaela Melián, Deutschlandfunk

Samstag, 15. Oktober 2005, 16–19 Uhr: Symposium im kunstraum muenchen mit Heike Ander (kunstraum muenchen, freie Ausstellungskuratorin und Redakteurin, München/Wien), Michael Hirsch (Philosoph und Politikwissenschaftler, München), Nikolaus Hirsch (Architekt, Frankfurt am Main, und Unit Master an der Architectural Association, London), Ronald Hirte (Archäologe und Historiker, seit 1998 Mitarbeiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora), Michaela Melián (Künstlerin und Musikerin, lebt in Oberbayern), Barbara Schäfer (Chefdramaturgin BR Hörspiel und Medienkunst, München) und Jim G. Tobias (Journalist, Mitbegründer des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts).




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