Mit der Ausstellung »Dystopische Landschaft« eröffnet nach Workshop und Vortragsreihe der zweite Teil des Recherche- und Ausstellungsprojektes »The Domain of the Great Bear«. »Dystopische Landschaft« widmet sich der Diskussion um einen erweiterten Naturbegriff, der die politischen Realitäten kritisch vergegenwärtigt – als Natur, die dem privatem Eigentum und ökonomischen Interessen untergeordnet ist, die der Aneignung von Ressourcen dient und sich immer weiter zur desertifizierten Umwelt entwickelt.
Der Titel des Gesamtprojektes geht zurück auf einen gleichnamigen Artikel von Mel Bochner und Robert Smithson, der 1966 in der Kunstzeitschrift »Art Voices« erschien und einen Gang durch das Hayden Planetarium im Museum of Natural History in New York beschreibt. Ihre Darstellung der Planetariumsprojektion als kurzweilige Fiktion eines kosmischen, grenzenlosen Raumes endet mit dem nüchternen Blick auf die Erde, die – jenseits von Zeit und Raum – ihr unendliches Potential in den menschenleeren Weiten einer von Katastrophen heimgesuchten Natur offenbart. Dieser Blick zurück steht bereits beispielhaft für einen Landschaftsbegriff, der technisch ausgebeutete Orte, unfruchtbare und menschenleere Gebiete einbezieht und als grenzenlose Räume für die Kunst definiert. Die Faszination vom entropischen Gehalt dunkler und zerfallener Welten mündete für die Land Art der 1960er Jahre in eine direkte Aneignung und künstlerische Denaturalisierung dieser Orte. Damals wie heute steht die künstlerische Auseinandersetzung im Spannungsfeld zwischen dem Potential einer erweiterten Natur und den technischen Realitäten ihrer Beherrschung. Die unwirtliche Landschaft hat eine von globalen Prozessen bestimmte Umwidmung erfahren und ist heute weniger ein Refugium für individuelle Möglichkeiten, als vielmehr ein durchrationalisierter und von politischen wie wirtschaftlichen Interessen definierter Ort.
Dem begegnen die eingeladenen Künstler in ihren Arbeiten und kontextualisieren einen sowohl historischen wie auch aktuellen Umgang mit Natur. Die Ausstellung zeigt Bilder und Erzählungen von exploitierten Gegenden der militärischen oder touristischen Indienstnahme, den Randgebieten der zivilisatorischen Expansionsbewegung und deren Vermarktung sowie den Herausforderungen und Identitätserschütterungen des Subjekts in der Konfrontation mit der dystopischen Landschaft.
Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München, die Hypo-Kulturstiftung und die Siemens AG.
Kuratiert von Anja Casser, Beate Engl und Luise Horn.
Termine und Begleitprogramm:
Donnerstag, 9. November 2006, 19 Uhr: Eröffnung
Donnerstag, 23. November 2006, 19 Uhr: »The Secret Bases« – Vortrag und Performance von Trevor Paglen, Künstler und Geograph, Berkeley/Calif.
Donnerstag, 7. Dezember 2006, 19 Uhr: Filmscreening mit Dokumentarfilmen von Joris Ivens , Filmemacher, Niederlande
Die Ausstellung ist vom 23. Dezember 2006 bis 3. Januar 2007 geschlossen.