Die in München lebende Künstlerin Agnes Jänsch (*1980) wird mit ihrem ambitionierten Projekt »The film inside your head« den gesamten Ausstellungsraum des Kunstraums in einen begehbaren Film verwandeln.
Die raumgreifende Videoinstallation erzählt in sieben Film-/Audiosequenzen von einer jungen Frau, die in ein Dorf kommt, sich dort niederlässt und eine Weile lebt, um anschließend aus nicht eindeutig geklärten Gründen wieder zu verschwinden. Die Hauptperson nimmt nicht nur wegen ihrer Herkunft eine Außenseiterstellung im Gefüge der Dorfgemeinschaft ein. Sie passt sich den Erwartungen und sozialen Normen nicht an, sondern scheint ganz ihrem eigenen Koordinatensystem zu folgen. Sie wirkt mal selbstbewusst, mal somnambul, mal verunsichert, aber immer in gewisser Weise fremd und exzentrisch. Die einzelnen Sequenzen ergeben in der Zusammenschau ein kaleidoskopartiges Persönlichkeitsbild der Hauptfigur, die sich in keine Kategorie einordnen lässt, sondern ihre Autonomie behauptet. Wenn die Hauptperson schlussendlich das Dorf verlässt, bleibt offen, ob dies aus eigenem Willen oder aufgrund sozialen Drucks geschieht. Je nachdem wie der Betrachter die einzelnen modularen Elemente der Geschichte interpretiert, kommt er zu dem Schluss, dass die Bewohner des Dorfes der jungen Frau nichts Gutes wollen und sie letztendlich aus dem Dorf vertreiben. Oder er gewinnt den Eindruck, die junge Frau spielt mit ihren Mitmenschen. Eine Geschichte voller Anspielungen und Doppeldeutigkeiten.
In ihrer Form der raumgreifenden Installation, wie sie Agnes Jänsch in ihrem Projekt realisiert, ist ihre Arbeit in der Tradition des »Expanded Cinema« der 60er und 70er Jahre zu verorten. Künstler wie Nam June Paik lösten den Film aus seiner Präsentation in der Einkanal-Version und schafften damit die Erweiterung in den Raum. Dabei musste sich das Expanded Cinema nicht nur neuen Fragen zu Narrationsstrategien bzw. deren Auflösung zugunsten einer Selbstreflexivität des Mediums stellen, sondern leistete auch einen fundamentalen Beitrag zum Einzug der Medien- und Filmkunst in den Kanon der Bildenden Kunst. Während allerdings das Expanded Cinema narrative und dramaturgische Spuren zu tilgen versuchte, verfolgt Jänsch eine gegenteilige Strategie. Der Betrachter soll, intuitiv geleitet, eine Narration non-linear erleben können. Verteilt auf den gesamten Raum, ohne vorgegebene Reihenfolge, wird das »Kino« hier individualisiert. Der Betrachter kann die Narration so als eine räumliche Erfahrung erleben, sich durch die Geschichte bewegen und wird dadurch selbst zum Teil der Installation.
Bei der Umsetzung ihrer filmischen Werke arbeitet Agnes Jänsch mit einem professionellen Filmteam und erlangte so unlängst nicht nur im Bereich der Bildenden Kunst Aufmerksamkeit. Anfang des Jahres war sie Preisträgerin des Stuttgarter Filmwinter. Für die Realisierung des Projekts »The film inside your head« erhielt sie das Projektstipendium für Bildende Kunst der Landeshauptstadt München.
Kuratiert von Monika Bayer-Wermuth
Die Ausstellung wird gefördert durch die Landeshauptstadt München, das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, durch Fortis Green Film & Medien, durch die Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung und durch Spenden.
Kuratorenführung: Sonntag, 29.11., 14 Uhr
Mit Monika Bayer-Wermuth