Egal an welchem Ort wir uns befinden, es gibt immer Linien und Formen, die vor oder hinter uns liegen und unser Dasein bestimmen: Grenzen. »An Artistic Archive of Borders« von Isaac Chong Wai untersucht die Entstehung von Grenzen und deren Assoziationen in der heutigen Welt. Die Ausstellung im Kunstraum versammelt frühere als auch neue Werke: Installationen, Objektarbeiten an Wand und Boden, Fotoarbeiten und Videos.
Chong geht der abstrakten Idee einer Grenze nach und stellt folgende Fragen: Wie ist eine Grenze konstruiert? Wie kann sie mittels künstlerischer Praxis neu gedacht und gestaltet werden? Kann eine Grenze Schmuck sein? Kann sie süß und weich sein? Kann eine Grenze eine verkäufliche Ware sein? Sich diesen Aspekten widmend, schafft der in Hong Kong aufgewachsene Künstler ein Archiv, das die Konzeptualisierung von Kunst als Instrument der Versöhnung in einer Welt demonstriert, in der die Grenze eine Idee ist, die sowohl Hass und Liebe auslöst, Vereinigung und Diaspora, Migration und Schutz, Terror und Sicherheit, Tod und Überleben.
Die Ausstellung zeigt frühere als auch neue Arbeiten des gebürtigen Chinesen. Unter anderem ist sein Projekt »I Made a Boat in Prison« zu sehen, für das er Zaundraht aus dem Hof des ehemaligen Jugendgefängnisses in Weimar schnitt, um ein Boot zu bauen. Das Motto der EU, »In Vielfalt geeint«, überprüft der Künstler, indem er 28 in Kunstharz gegossene Flaggen und Hymnen in einer Installation zusammenbringt. Die Instabilität von Rändern, Grenzflächen und Abgrenzungen soll zudem in Form eines Walls aus geschmolzener Haribo-Goldbären-Masse dargestellt werden.
Der Titel »An Artistic Archive of Borders« spielt auf eine neue, zeitgenössische Form des Archivs an, in dem Ideen zum Thema Grenze gesammelt werden und insbesondere der Konflikt zwischen der Idealform einer »offenen Grenze« und dem inhärenten Bedürfnis, sich abzugrenzen, aufgezeigt wird. Das künstlerische Archiv bietet die Möglichkeit, den Begriff Grenze neu zu durchdenken – Chong ist vor allem an der Ästhetisierung der Grenze interessiert, der Visualisierung des Schrecklichen und des Schönen, um so über künstlerische Mittel zu einer Versöhnung zwischen konkurrierenden Parteien zu gelangen.
Isaac Chong Wai, 1990 geboren in Guangdong, studierte Bildende Kunst an der Hong Kong Baptist-Universität und »Kunst im öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien« an der Bauhaus-Universität Weimar. Er lebt in Berlin und Hong Kong. In seinen Arbeiten befasst er sich mit Kollektivismus und Individualismus, politischen Perspektiven von Zeit und Raum, Grenzen, Migration, Rassismus, Identitätspolitik, LGBTQ sowie Öffentlichkeit und Menschenrechte, und setzt diese Themen mittels Performance, Video, Fotografie, Multimedia und ortsspezifischer Installationen um.
Kuratiert von Nina Holm
Die Ausstellung im Kunstraum ist der zweite Teil eines Ausstellungsprojekts, das in enger Zusammenarbeit mit dem Apartment der Kunst entstanden ist, ein ebenso unabhängiger Ausstellungsraum in München. Das dort gezeigte »Kapitel A: The Rehearsal of the Futures« besteht aus einer raumgreifenden Videoinstallation auf Basis einer Performance in drei asiatischen Ländern, die sich mit der Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im öffentlichen Raum beschäftigt. Die zeitliche Überschneidung der beiden Ausstellungen von einer Woche eröffnet die Möglichkeit, verschiedene Facetten im Werk des Künstlers kennenzulernen und formale und inhaltliche Parallelen zu entdecken.
Isaac Chong Wai
Kapitel A: The Rehearsal of the Futures
12.05.– 08.06.2018
Eröffnung: Samstag,12.05., 15–19 Uhr
Apartment der Kunst, München
www.apartmentderkunst.de
Die Ausstellung wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, das Konfuzius-Institut München und die Burger Collection.