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Stephanie Stein, RUN RUN RUN
Einzelausstellung
1 von 17
Kategorie
Ausstellung (Solo)
Typ
Einzelausstellung
Eröffnungsdatum
17.01.2024
Start
18.01.2024
Ende
03.03.2024
Personen
Beschreibung

Abb. 1: Stephanie Stein, RUN, 2024, Siebdruck, 102 x 72 cm, Edition 10

 

Stephanie Stein setzt sich in ihrem künstlerischen Werk mit Fragen aus Ontologie und Metaphysik auseinander und entwickelt nahezu schwerelose, post-minimalistische Arbeiten.

 

Für ihre Einzelausstellung RUN RUN RUN im Kunstraum München konzipiert die Künstlerin eine neue Serie ortsspezifischer Werke. Glas, Metall, Holz, von Hand aufgetragene Farboberflächen,Siebdruck, fotografische und typographische Manipulation sowie Bewegtbild bilden den Pool, auf den Stephanie Stein zurückgreift. Wie zeitüberdauernde Zeichen erinnern die sehr reduzierten Werke an architektonische Fragmente, Sprachräume oder Naturphänomene und lassen Assoziationen zu anthropologischen und naturgeschichtlichen Themenfeldern zu. Dabei geht es ihr um die wiederkehrenden Mechanismen von Macht und Gewalt – wie sich diese in gesellschaftlichen und politischen Strukturen manifestieren und inwiefern sie sich auf den Menschen und die Naturauswirken.

 

Der Schriftzug RUN eröffnet die Ausstellung. Klar steht er in schwarzen Lettern vor dem Ausschnitt einer historischen Bruchsteinwand mit einem fragmentierten Regenfallrohr. Die hier verwendete Serifenschrift entstammt der um 1900 entwickelten Century-Schriftfamilie und wird bis heute vom Supreme Court der USA für alle offiziellen Dokumente, wie Urteile oder Gesetzestexte, verwendet wird. Im künstlerischen Kontext wirft sie die Frage auf, wie sich Macht langfristig manifestiert, wie sich Hierarchien etablieren und kommunizieren lassen oder, mit Blick auf die Mauerfragmente, welche Rolle dabei Gebäuden zukommt, die für eine Ewigkeit bestimmt sind.

 

Besonders deutlich wird dieser Ansatz in den beiden jüngsten Rauminstallationen, die erstmals im Kunstraum München zu sehen sind: Im Ergeschoss scheinen einzelne Glasobjekte der jüngsten Arbeit Conitinuous Interest (2024) wie zarte, transparente Nadeln vertikal im Raum zu „schweben“, die Köpfe nach oben gestreckt, die länglichen, spitzen Körper gen Boden gerichtet. Diese organischen Gebilde wirken äußerst zerbrechlich und zugleich scharf, spitz und zu invasiven Nadelstichen fähig. Die Künstlerin ordet ihnen die Fotografie eines umgestürzten Baumes, uninterested (2024), zu, der natürlich gewachsene horizontale Bögen gebildet hat.

 

Im Obergeschoss schweben scherenschnittartige, äußerst fragile Vertikalen als überlebensgroße Raumzeichnungen knapp über dem Boden. Wie Arkaden, reduziert auf ihre minimalste Form, definieren sie den Raum und die Bewegungsmöglichkeiten der Betrachtenden neu. Als formale Referenzen erinnern sie einerseits an Bauten der Antike, andererseits an Herrschaftsarchitekturen der jüngeren Geschichte, die Erhabenheit und Macht demonstrieren sollen. Und auch der Titel dieser ortsspezifischen Arbeit Far From Hot Baths (2024) erinnert an ein antikes Epos, das Stephanie Steins zentrales Thema der Macht, aber auch der Wut und des Krieges behandelt – die Ilias. Die Künstlerin entlehnte ihn Simone Weils Text The Iliad or the Poem of Force (1939).

 

Stephanie Stein gelingt es durch minimale Verschiebungen oder ästhetische Entscheidungen umfangreiche Bedeutungsfelder zu öffnen, die ihr in der literarischen, historischen und kunsthistorischen Recherche begegnet sind. Das, was vordergründig ästhetisch schön und zugleich sehr zurückhaltend, fast unsichtbar scheint, offenbart bei näherer Betrachtung, wie eine strukturell bedingte Gewalt- oder Machtverteilung die Beziehungen zwischen Individuen, spezifischen gesellschaftlichen Gruppierungen und einer staatlichen Autorität prägt und wo die Bruchstellen dieser Systeme liegen. Durch ein solch subtile Geste – die Verwendung der bis heute durch den Supreme Court genutzten Century Schrift – wird auch der Ausstellungstitel RUN RUN RUN mehr und mehr zu einem beunruhigenden und warnenden Aufruf zur Flucht. Er bleibt zwar unbestimmt, aber nicht weniger eindringlich.

 

Stephanie Stein lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Werke waren in Gruppenausstellungen u. a. im KW Institute for Contemporary Art, Berlin, im Folkwang Museum Essen und im Museum Morsbroich in Leverkusen zu sehen und sind in internationalen Sammlungen, wie der Morris and Helen Belkin Art Gallery in Vancouver vertreten. Der Kunstraum München richtet Stephanie Steins zweite institutionelle Einzelausstellung aus.

Anlässlich der Ausstellung entsteht die erste umfangreiche Publikation zu ihrem Werk mit Texten von Nils Emmerichs, Alessa Rather, Friederike Schuler und Marcus Steinweg, die der Kunstraum zum Abschluss der Ausstellung am 2. März 2024 um 16 Uhr präsentieren wird.

 

Außerdem erscheint der Siebdruck RUN als Edition der Künstlerin.

 

Finissage und Buchpräsentation
Samstag, 2. März 2024, 16:00 Uhr

 

Kuratorische Präsenz
Sonntag, 3. März 2024, ab 14:00 Uhr

 

Die Ausstellung wird gefördert durch die Steiner-Stiftung München und die Richard Stury Stiftung.




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